Kritze, Kratze, mit der Tatze….
Fritz Valcke ist ein Belgier, und diese Leute sind im Allgemeinen bekannt für ausgezeichnetes Essen, hervorragendes Bier und noch so ein paar gute Sachen. Jedoch was wir von einem Belgier wohl am wenigsten erwarten sind innovative Gitarren. Blöde Vorurteile! Nicht nur dass er durch seine zwölf Jahre als Toningenieur im eigenen Studio die “goldenen Ohren” bekam, der Mann hat auch in einem einzigen Gitarrenmodell mehr Ideen als die ganze deutsche Klampfen-Industrie zusammen in den letzten zehn Jahren! Er hängt absolut nicht an den Traditionen, sein Lieblingsspruch ist: “Stell’ Dir vor jemand fährt ein Auto Baujahr ’54. Würdest Du ihm glauben wenn er sagt, dass sein Wagen das beste Auto der Welt sei?” Seine neueste Kreation seiner Firma Kritz Guitars ist die Stradovarius SJ202, eine Halbresonanz die er für maximal 4000 Euro anbietet. Schon beim Korpusholz fängt es an: Neben dem gewöhnlichen Mahagoni ist auch Pinienholz ohne Aufpreis zu bekommen. Die Decke ist aus geflammten Ahorn, geflammter Esche oder aus Zitronenholz(!). Beim Hals wird es dann so richtig interessant: Nicht nur dass dieser stark assymetisch ist und sein dickste Stelle unter fast der A-Saite hat, er ist auch mit einer völlig im Holz versteckten U-förmigen Graphitteil verstärkt, sodass der Hals keinen.
Stahlstab benötigt und aus einem beliebigen weichen Klang-Holz (Erle, Esche, Zeder, Fichte, Pappel) gebaut werden kann. Die ganze Klampfe wird dadurch sehr leicht, hat aber trotzdem Sustain und Brillanzen zum Abwinken. Die ganze Sache ist patentiert. Doch damit ist noch lange nicht Schluss mit der Erfinderei: Der Sattel ist aus einer neuen Mischung aus Ebenholz und Graphit und die Bünde sind wie Smilies gebogen. Durch diese neue Form lassen sich die Saiten besser ziehen und das Greifen von komplexen Akkorden wird entscheidend erleichtert. Außerdem kann man damit auch über dem zwölfen Bund Akkorde greifen, da mehr Platz zwischen den Bünden zur Verfügung zu stehen scheint. Und Fritz Valcke wäre nicht er selbst, würde er nicht auch gleich durch einen Nullbund und durch neue Bundabstände die Stimmungsgenauigkeit verbessern. Ein Compound Radius 9 1/2″ zu 14″ kommt einem in diesem Zusammenhang schon fast altbacken vor. Er schafft es auch, bei normaler Gitarrenlänge eine Mensur von 26 Zoll auf das Instrument zu bringen: Besserer Sound, längerer Sustain und leichteres Saitenziehen ist die Folge. Und Onkel Fritze hat auch so gar nebenbei noch den Korpus/Hals Übergang abgeschafft, in dem er die Halstasche rund machte.
Sein Tonabnehmer macht er natürlich auch selber: Er verwendet dazu ultradünne Feindrähte, die mehrfach parallel geschaltet sind, um die Induktion niedrig zu halten. Die Magneten sind eine Mischung aus Alnico 2 und Alnico 5. Ja und dann gibt es noch eine neuartige, superdünne Lackierung die das Holz viel freier schwingen lässt und noch eine “Lifttop” genannte neuartige Korpuskonstruktion, und wahrscheinlich noch mal ein paar versteckte Sachen, dieser der belgische “Leo” in seine Strado reingebaut hat…. Natürlich, wie bei allen anderen Erfinder auch ist der Vertrieb das Hindernis. Kein Händler in Deutschland zeigte bis jetzt Interesse. Aber man kann ja Fritz Valcke besuchen oder mit ihm telefonieren.
Bron: Gitarre & Bass, November 2001.